Wenn du die Funktionsweise der Verschlusszeit verstehst, hast du nicht nur einen wichtigen Bestandteil der Fotografie verinnerlicht, sondern kannst sie gezielt für die eigenen Bilder anwenden und damit spielen.
Ich zeige dir 3 simple Möglichkeiten, wie du mit der Verschlusszeit ganz einfach kreative Looks erzielen kannst.
Mit dem Licht zeichnen
Ein sicherlich sehr bekannter Effekt ist das Zeichnen mit Licht bei Dunkelheit. Bestimmt hast du solche Bilder schon mal gesehen:
Der Effekt wird zum Beispiel öfter an Silvester genutzt, da man Wunderkerzen als Lichtquelle benutzen kann.
Was steckt hinter dem Effekt?
Alles was du für das Zeichnen bei Dunkelheit brauchst ist:
- eine Kamera, bei der du in den Manuellen Modus wechseln kannst
- einen hellen Leuchtpunkt zum Zeichnen, zum Beispiel die bereits erwähnte Wunderkerze, eine kleine Taschenlampe oder ein Handy
- eine dunkle Nacht oder ein dunkler Ort ohne weitere helle Lichtquellen im Aufnahmebereich.
Beachte: Stelle dich in der Nacht nicht unbedingt unter die hellste Laterne, die du finden kannst, sonst bist du am Ende vielleicht ungewollt mit auf dem Bild.
Schritt für Schritt
Wenn du alles bei dir hast kann es losgehen. Als Erstes solltest du die Kamera fixieren. Das kann auf einem Stativ sein, auf dem Boden, einem Stuhl, einer Erhöhung oder was auch immer.
Ganz wichtig ist nur, dass du die Kamera dabei nicht in deiner Hand hältst, da der Bildausschnitt sich nicht verändern darf (außer du hast eine extrem ruhige Hand).
Die benötigten Kameraeinstellungen sind schnell gemacht. Wechsel in den Manuellen Modus der Kamera und fixiere sie. Stelle deine Verschlusszeit auf 20 bis 30 Sekunden, je nachdem wie viel Zeit du zum Zeichnen brauchst. An deine gewählte Verschlusszeit passt du jetzt deine Blende an. Bedeutet, dass du den Blendenwert erhöhst bis die Helligkeit in einem normalen Bereich ist. Das kann man zum einem auf der Anzeige in der Kamera sehen oder du probierst es einfach mit einem Testbild aus und entscheidest, ob es dir zu hell oder zu dunkel ist. Bei meinem Bild hatte ich eine Verschlusszeit von 25 Sekunden und ein Blendenwert von 8. Den Iso kannst du auf 100 festsetzen, da deine Verschlusszeit lang genug ist.
Hier meine Einstellungen, falls du gar nicht weißt, was zu tun ist:
Wenn die Kamera eingestellt ist, überlege dir, wo du vor der Kamera stehst und mit dem Lichtpunkt zeichnest, da ich immer empfehlen würde in den manuellen Fokus zu wechseln. Der Automatikfokus kann dein Bild kaputt machen, während du in das Bild läufst oder auf die Kamera zugehst.
Tipp: Stelle zum Fokussieren eine weitere Person oder ein Objekt vor die Kamera oder nehme ein Gegenstand in der gleichen Entfernung zum Ausrichten.
Wenn alle Einstellungen vorgenommen sind kann der Spaß beginnen. Drücke den Auslöser (oder lass ihn von einer anderen Person drücken) und fange an vor der Kamera mit deiner Lichtquelle zu zeichnen, zu schreiben oder einfach wahllos herumzuwirbeln. Beachte beim Schreiben, dass es spiegelverkehrt dargestellt ist.
Hier mein erzieltes Ergebnis:
Ich bin mir ziemlich sicher, dass deine Ergebnisse kreativer sind als meine.
Natürlich kannst du auch Personen vor die Kamera setzen und sie eindecken mit Lichtlinien oder einfach eine Nachricht schreiben. Probiere dich aus oder hole dir einen Freund dazu. Zusammen kann man sich gegenseitig inspirieren und der Spaß ist garantiert.
Kreuzungen bei Nacht
Diesen tollen Bildeffekt kennst du sicherlich von Plakaten oder Kalendern. Meiner Meinung nach ein tolles Hintergrundbild für Handys oder Desktops. Das schönste an diesem Bild ist jedoch, dass das Nachmachen total einfach ist. Die sichtbaren Lichtspuren sind einfach nur die Lichter der vorbeifahrenden Autos.
Die Vorgehensweise
Das Bild ist, wie die Bilder zum Zeichnen mit Licht, eine Langzeitbelichtung. Suche dir bei Nacht oder in den Wintermonaten zum Feierabend in deiner Stadt eine befahrene Kreuzung. In jedem Fall sollte es dunkel sein.
Schnappe dir dein Stativ und richte es in Richtung der Kreuzung so aus, dass die Kamera den gewünschten Ausschnitt im Aufnahmefeld hat. Optional kannst du die Kamera auch auf ein Geländer stellen oder auf eine andere Weise fixieren.
Schalte in den Manuellen Fokus und stelle den Kreuzungsbereich scharf. Gehe in den manuellen Modus deiner Kamera und stelle eine lange Verschlusszeit (ca. 20 bis 30 Sekunden) und eine geschlossene Blende (ein Wert zwischen 8 bis 16) ein.
Für mein Bild habe ich folgende Einstellungen vorgenommen:
- Verschlusszeit: 20 Sekunden
- Blende: 14
- ISO: 100
- Brennweite: 18 mm
Du kannst dich gerne an meinen Werten orientieren, wenn du es noch nicht ganz verstanden hast. Beachte dabei, dass alles abhängig von den gegebenen Lichtverhältnissen ist. Wenn deine Kreuzung stärker beleuchtet ist, dann schließe deine Blende mehr, da das Bild sonst zu hell wird.
Wenn in den 20 Sekunden zu wenig Autos vorbeifahren, dann erhöhe die Verschlusszeit und passe den Blendenwert an (Blende weiter schließen).
Tipp: Versuche eine Position zu wählen, in der du von oben auf die Kreuzung fotografierst. So hast du die ganze Kreuzung im Aufnahmebereich und nicht nur eine oder zwei Spuren.
Funken fotografieren
Oftmals sind es die kleinen Dinge im Leben, die faszinierender aussehen können, als man denkt. Allein das Anzünden eines Feuerzeugs sieht für den Bruchteil einer Sekunde wahnsinnig explosiv aus. Diesen kurzen Zeitraum sieht man nicht unbedingt immer mit dem bloßen Auge, aber mit einer kurzen Verschlusszeit kannst du ihn kinderleicht einfangen.
Ganz einfach!
Für dieses Bild solltest du dir definitiv einen Assistenten besorgen. Das muss niemand sein, der sich mit Fotografie oder Kameras auskennt, sondern ist einfach nur zum betätigen des Feuerzeugs da (ich denke das kriegt jeder hin).
Dein Assistent hält das Feuerzeug entweder vor den Körper oder mit weit gestreckter Hand vor einem dunklen Hintergrund, um Verletzungen zu vermeiden.
Du stellst bei deiner Kamera eine möglichst offene Blende und eine sehr kurze Verschlusszeit ein. Eine schnelle Reihenaufnahme erspart dir viel Zeit und deinem Assistenten viele Nerven, da du sonst immer auf den Zeitpunkt genau fotografieren musst. So kannst du einfach draufhalten, was das Zeug hält.
Zur Orientierung meine Kameraeinstellungen:
- Verschlusszeit: 1/500 Sekunde
- Blende: 5.6
- ISO: 1.000
- Brennweite: 135 mm
Wenn die Bilder zu dunkel werden, kannst du den ISO-Wert einfach anpassen.
Tipp: Wähle eine große Brennweite (in meinem Fall 135 mm), da dein Assistent dir, mit dem Feuerzeug, sonst dein Objektiv ankokelt.
Weitere Möglichkeiten mit der Verschlusszeit
Meine vorgestellten Bilder sind natürlich nur Beispiele und Anregungen für dich. Nicht nur Kreuzungen oder das Licht deines Handys kannst du für lange Verschlusszeiten nutzen. Wenn du viele Lichter oder Bewegungen an einem Ort hast, dann kann es sich oft lohnen mit einer langen Verschlusszeit zu fotografieren.
Die Möglichkeiten, allein mit der Verschlusszeit, sind endlos und die Ergebnisse faszinierend.
Viel Spaß beim Experimentieren mit der Verschlusszeit und mit den tollen Ergebnissen.
Gruß
Jonas